Ich war komplett im Kopf unterwegs.
Ich dachte nur noch in To-Do-Listen, schaute ständig in meinen Kalender, damit ich bloß den Überblick behalte was noch alles erledigt werden muss, welche Termine anstehen und wer wann wo sein muss.
Und wenn ich mal eine Lücke im Kalender hatte, dann habe ich die auch eben noch schnell verplant. Ich wollte meine Zeit so effizient wie möglich gestalten.
Zeit ist Geld...
…das habe ich von meinem Opa gelernt.
Selbst die Dinge, um die mein Mann sich kümmerte, waren stets in meinem Hinterkopf. Strafzettel bezahlt? Werkstatttermin vereinbart? Fahrrad repariert? Getränke eingekauft?
Ich habe täglich bei meinem Mann nachgefragt, ob er alle Aufgaben erledigt hat.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – auch das habe ich von meinem Opa gelernt.
Die ersten Symptome
2014 kamen dann die ersten Symptome: Kreislaufprobleme und Schwindel. Ich habe es auf den Stress an der Arbeit geschoben. Ich habe zu der Zeit als Teamleiterin im Personalbereich bei IKEA in Lübeck ein neues Einrichtungshaus mit eröffnet. Gelebt habe ich allerdings mit meinem Mann in Köln. Jede Woche 500 km zum Arbeitsplatz zu fahren, das ist halt auch ein bisschen stressig, aber sonst war doch alles gut. Eines morgens, als wie jede Woche der Montag mit einem Weckerklingeln um 4 Uhr begann, kam ich nicht aus dem Bett. Ich wollte aufstehen, aber ich konnte nicht. Ich musste mich also krankmelden. Nach 3 Wochen ausruhen ging es dann wieder zurück an den Arbeitsplatz. Ich war körperlich wieder fit.
So ging das Spiel weiter und ich funktionierte.
Im März 2016 ging dann endlich mein großer beruflicher Traum in Erfüllung: ich durfte als geschäftsführende Personalleiterin bei IKEA gemeinsam mit der Einrichtungshauschefin und dem Verwaltungschef die Verantwortung für eine der 50 deutschen Niederlassungen übernehmen. Gemeinsam waren wir verantwortlich für ca. 350 Mitarbeiter und 100 Mio Euro Umsatz. Ich habe diesen Job mit Herz & Seele gemacht und ihn geliebt!
Doch leider habe ich es mit der Verantwortung übertrieben. Ich habe alle Themen gedanklich mit nach Hause genommen. Ich wollte für alles eine Lösung finden und ich wollte meine Sache immer gut, am besten sehr gut machen. Fünfe gerade sein lassen, das konnte ich nicht. Auch als die Kreislaufprobleme und der Schwindel so schlimm wurden, dass ich vom Rettungsdienst abgeholt werden musste, habe ich immer noch nicht die Reißleine gezogen.
Ich bin stark, ich schaff das! Ich muss mich anstrengen, ich muss es richtig machen. Das waren meine Gedanken, die mich ständig angetrieben haben.
Also kam es im Oktober 2017 erneut dazu, dass ich mich krankschreiben lassen musste, weil nichts mehr ging.
Ich dachte, ich sei gescheitert.
Diesmal blieb ich drei Monate auf der Couch liegen und kündigte meinen Traumjob, weil ich dachte, ich sei gescheitert, ich sei der Rolle der Geschäftsführung nicht gewachsen.
Ich begann einen neuen Job ohne Personal- und Budgetverantwortung und wurde recht schnell schwanger.
Als ich im Januar 2020 aus der Elternzeit zurückkam dauerte es nicht lang, bis auf Grund von Corona mein damaliger Arbeitgeber die Insolvenz angemeldet hat. Ich war also dankbar, als ein Headhunter mir eine Stelle in der Medienbranche anbot. Der Job- und Branchenwechsel während Corona war keine einfache Aufgabe. Ich konnte sie trotz Hausbauphase und fehlender Kinderbetreuung gut bewältigen.
Rien ne vas plus - nichts geht mehr!
Doch dann gab es mehrere Ereignisse, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich, die dazu führten, dass ich emotional immens gefordert wurde.
Meine Kreislaufprobleme wurden immer größer und ich bekam starke Kopfschmerzen. Ich konnte nicht mehr einschlafen, nicht mehr durchschlafen, nicht mehr ausschlafen.
Am 24. September 2022 brachte ich mein Kind ins Bett, lag neben ihm und meine Kopfschmerzen wurden immer unerträglicher. Ich dachte ich hätte Hirnblutungen, einen Schlaganfall oder einen riesigen Tumor. Mein ganzer Kopf fing auf einmal an zu kribbeln und das Gefühl wurde immer stärker. Ich dachte, gleich verliere ich den Verstand und mein Bewusstsein! Ich hatte Todesangst und dachte ich sterbe.
Das war meine 1. Panikattacke.
Diagnose: schwerer Burnout!
Rien ne vas plus.
Game Over.
Schach matt.
Jetzt habe ich endlich verstanden, dass die Ursache meiner Symptome nicht der Stress am Arbeitsplatz ist, sondern dass ich das Problem bin.